Es war die Zeit der Pilzköpfe, der ersten Weltraumausflüge, die Zeit, als der Minirock Furore machte, die Fußballbundesliga eingeführt und das Fernsehen im Haushalt wichtiger wurde als das Fieberthermometer, als der wirtschaftliche Aufschwung im Lande zu einem rasanten Höhenflug ansetzte und jedermann in die glückliche Lage versetzte, ein Auto erwerben zu können - eben ein Auto für jedermann.
Ein solches Auto trug den bescheidenen Namen »Volkswagen«, wegen seiner besonderen Form auch liebevoll Käfer genannt. Er wurde von seinen Besitzern wie ein neues Familienmitglied aufgenommen, das man stolz den Eltern und Freunden vorführte. 1965 krabbelte der zehnmillionste Käfer aus der Fertigungshalle. Sieben Jahre später stieß er Fords Blechliesl vom ersten Platz in der Hitliste der meistgebauten Autos. Walt Disney machte den »tollen Käfer« zum Filmhelden, hauchte dem Underdog Seele und Intelligenz ein, und ließ ihn gegen die PS-starke Konkurrenz gewinnen. Nunmehr ist längst die 20 Millionengrenze überschritten (21.529.464), und seit 2003 wird er nicht mehr produziert.
Die Wiege dieses einzigartigen Kleinwagens liegt im Nationalsozialismus. Hitler war ein großer Bewunderer von Henry Ford. Was dieser den Amerikanern gegeben hatte, das wollte der Führer den Deutschen präsentieren - ein leistungsfähiges Auto, das für den kleinen Mann bezahlbar sein sollte. Ford wusste, die Menschen wollten ein solches Auto, und da er in der Lage war, ein solches herzustellen, baute er eins und verdiente gut daran. Die Folge: Das Land veränderte sich, die Lebenssituation der Menschen veränderte sich, die Gesellschaft veränderte sich.
Woran aber dachte nun Hitler, als er durch den Bau eines kleinen, rundlichen Wagens die Massenmotorisierung im Nazireich herbeiführen wollte? »Eine Nation wird nun nicht länger durch die Länge ihrer Eisenbahnschienen beurteilt, sondern durch die Länge ihrer Autobahnen«, verkündete er 1934 bei der Eröffnung der Automobilschau in Berlin. Ein erstklassiges Straßennetz und ein preiswertes Auto sollte es geben. Ein solches Auto, so hieß es dann zwei Monate später in einem Konzeptentwurf, sollte außerdem fähig sein, drei Soldaten und ein Maschinengewehr mit Munition zu transportieren. »Es wird Ihnen bei Ihren täglichen Aufgaben als Transportmittel dienen und Ihnen in Ihrer Freizeit Freude machen«, erklärte Hitler bei der Grundsteinlegung des VW-Werkes im Jahr 1938 und nannte das von Ferdinand Porsche konstruierte Vehikelchen, welches das nationale Bedürfnis nach Automobilität befriedigen sollte, verheißungsvoll Kraft durch Freude-Wagen.
Zu dieser Zeit besaß in den USA bereits jeder fünfte ein eigenes Auto, in Deutschland dagegen nur jeder fünfzigste. Damit nun der deutsche Arbeiter den 990 Reichsmark teuren Volkswagen erwerben konnte, wurde ein einfaches Sparsystem eingeführt. Mit mindestens fünf Mark in der Woche rückte nun für viele der bislang unerreichbare Traum von einem vierrädrigen fahrbaren Untersatz in greifbare Nähe. Aber erst musste der gesamte Betrag zusammengespart werden, bevor der Käufer einen nagelneuen VW erhalten sollte. Doch der Krieg ließ diesen Traum für über dreihunderttausend Sparer wie eine Seifenblase zerplatzen.
Im Sommer 2003 rollte in Mexiko der letzte gebaute Käfer vom Band. Zu sehen ist er im "Zeithaus" der Autostadt in Wolfsburg.
Am 1. Mai 2015 trafen sich zum 32. Mal Käfer-Freunde aus ganz Euopoa auf dem Messeparkplatz in Hannover. Mehr als 3000 Teilnehmer fuhren mit ihrem Kultgefährt vor und ließen es von Tausenden Besuchern bestaunen.