Königinnen der Lüfte

Eine Geschichte über die Mobilität der Frauen wiese eklatante Lücken auf, würden nicht einige jener schillernden Erscheinungen aus den dreißiger Jahren erwähnt, die in ihren fliegenden Kisten für unglaubliche Furore sorgten, wie zum Beispiel Amelia Earhart, Beryl Markham, Amy Johnson, Louise Thaden, Jacqueline Cochran oder Elly Beinhorn.

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Amy Johnson (copyright: British Government employee [Pubic domain], via Wikimedia Commons)

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Elefant stürzt aus der Schwebebahn: Heute vor 65 Jahren

Aus dem sichersten Verkehrsmittel der Welt – der Wuppertaler Schwebebahn – ist am 21. Juli 1950 ein kleiner Elefant in die Wupper gestürzt. So wird es jedenfalls erzählt. Und da niemand ein Foto davon gemacht hat, fehlt in der heutigen Zeit, in der alles in Bildern dokumentiert wird, der ultimative Nachweis dafür, dass geschehen ist, wovon erzählt wird. Um den Wahrheitsgehalt dieser ungewöhnlichen Geschichte zu überprüfen, sprach Andreas Boller von der Westdeutschen Zeitung vor zehn Jahren exklusiv mit Harry Althoff, der als Zwölfjähriger dabei war, als das Elefantenmädchen „Tuffi“ mit Leuten vom Zirkus Althoff eine Werbefahrt in der weltberühmten Schwebebahn unternahm.

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Bildkomposition: Hardy Holte

„Ich sage Ihnen, die Journalisten waren Schuld“, erinnerte sich der damals 67-jährige Ruheständler, „die wollten in der Schwebebahn alle das beste Foto schießen.“ Durch die vielen Reporter, die noch eingestiegen waren, sei es ziemlich eng im Wagen geworden. In diesem Gedränge wollte sich der irritierte Dickhäuter umdrehen, wahrscheinlich, so Harry Althoff, um zu schauen, was da vor sich ging. Das Fahren mit der Bahn an sich hatte Tuffi nichts ausgemacht. Sie war bereits mit der Straßenbahn gefahren und kannte das Gerumpel. Entscheidend war, was hinter ihr passierte. Mit einem Mal kam Panik unter den Fahrgästen auf, und ein Sitz ging zu Bruch. Diese Enge, so der Zirkusveteran, sei für Tuffi zu viel gewesen, sie wollte nur noch raus. „Sie hatte als kleiner Elefant bei ihrem Transport aus Asien in einer Kiste gesteckt und wusste, dass sie dem Licht folgen muss, um herauszukommen“, schilderte Kronzeuge Harry Althoff die missliche Lage seines Dickhäuters. Und dann sei Tuffi gesprungen, durchs Fenster ins Freie, etwa acht Meter in die Tiefe. Die Geschichte ist also wahr. Wahr ist auch, dass sich das vierjährige Elefantenmädchen sogleich aus der damals einen halben Meter hohen Wupper erhob und durch das Wasser lief. Sie hatte den Sturz ohne Verletzung überstanden. Und traumatisiert schien sie auch nicht gewesen zu sein; denn auch später ist sie bereitwillig mit Althoff Straßenbahn gefahren. Dem jungen Harry Althoff aber war der Schreck in die Glieder gefahren, so dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, wie er selbst seinerzeit aus der Schwebebahn gekommen war.


Boller, A. (2005). Tuffi wollte nur noch raus. Westdeutsche Zeitung vom 21. Juli.

Blechliesl: Ein Auto für alle Amerikaner

Es war nicht irgendein Auto, das dem ländlichen Amerika eine grundlegende Wandlung der Lebensgewohnheiten und der Alltagsrhythmen bescherte. Es war das legendäre Modell »T« von Henry Ford, das erste auf einem Fließband gefertigte Auto, technisch modern, robust, zuverlässig, kaum reparaturanfällig, sparsam und bei einem Preis von 825 Dollar äußerst günstig in der Anschaffung. Mit seinem unverwüstlichen Stahlgehäuse war das »hochbeinige« Model »T« für Fahrten auf verschlammten oder holprigen Feldwegen und Schotterstraßen geradezu berufen. »Tin Lizzie« (Blechliesl), wie man das schwarze, 20 PS starke, maximal 65 km/h schnelle und ungraziöse Vehikel auch liebevoll nannte, eroberte die Herzen des »kleines Mannes« im Sturm.

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Photo: Hardy Holte

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Von der Überwindung der Langsamkeit

Einst kletterten unsere Vorfahren von den Bäumen und zogen in die trockene Savanne. Auf zwei Beinen stehend konnte sie zwar die Gegend gut überblicken, den Mitbewohnern ihrer neuen Heimat waren sie jedoch in Schnelligkeit, Wendigkeit und Kraft hoffnungslos unterlegen. Mit bloßen Händen konnten die Zweibeiner nichts gegen gewaltige Reißzähne und dolchartige Krallen, gegen überlegene Kraft und den Killerinstinkt der Hausherren ausrichten. Und dennoch gelang es ihnen Wege zu finden, die Langsmkeit zu überwinden und über enorme Kräfte zu verfügen.

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Bild: Rob Old

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Ein Krabbeltier erobert die Welt

Es war die Zeit der Pilzköpfe, der ersten Weltraumausflüge, die Zeit, als der Minirock Furore machte, die Fußballbundesliga eingeführt und das Fernsehen im Haushalt wichtiger wurde als das Fieberthermometer, als der wirtschaftliche Aufschwung im Lande zu einem rasanten Höhenflug ansetzte und jedermann in die glückliche Lage versetzte, ein Auto erwerben zu können - eben ein Auto für jedermann.

Ein solches Auto trug den bescheidenen Namen »Volkswagen«, wegen seiner besonderen Form auch liebevoll Käfer genannt. Er wurde von seinen Besitzern wie ein neues Familienmitglied aufgenommen, das man stolz den Eltern und Freunden vorführte. 1965 krabbelte der zehnmillionste Käfer aus der Fertigungshalle. Sieben Jahre später stieß er Fords Blechliesl vom ersten Platz in der Hitliste der meistgebauten Autos. Walt Disney machte den »tollen Käfer« zum Filmhelden, hauchte dem Underdog Seele und Intelligenz ein, und ließ ihn gegen die PS-starke Konkurrenz gewinnen. Nunmehr ist längst die 20 Millionengrenze überschritten (21.529.464), und seit 2003 wird er nicht mehr produziert.

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Das Beschleunigungs-Syndrom

Es ist modern geworden, über Beschleunigung und Zeit zu reden; denn wir leben in einer Epoche zunehmender Beschleunigung. Das atemberaubende Tempo, das uns tagtäglich auf Trab hält, um den Alltag zu bewältigen und konkurrenzfähig zu bleiben, lässt uns oft keine Zeit zum Verschnaufen. Ein Termin folgt auf den anderen, und selbst das Privatleben unterwirft sich oft einem strikten Zeitplan, der darauf ausgerichtet ist, möglichst viel in möglichst wenig Zeit zu erledigen.

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Bild: James Thew - Fotolia.com

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Helden im Hippodrom

Eine Weiterentwicklung des flotten Streitwagens war die Sportwagenausführung. Er bot nur dem Fahrer Platz, war leicht, wendig und besaß kleine Räder, wodurch der Schwerpunkt nun viel tiefer lag. So erhielt das Fahrzeug eine bessere Straßenlage, was sich natürlich in den Kurven besonders auszahlte.

Die ersten Wagenrennen fanden aller Wahrscheinlichkeit nach im dreizehnten vorchristlichen Jahrhundert auf mykenischen Begräbnissen statt. Sie dienten der Ehrung der Verstorbenen, die zu Lebzeiten hohes Ansehen genossen hatten. Seit 680 v. Chr. standen Wagenrennen auf dem Veranstaltungsprogramm der Olympischen Spiele und erfreuten sich allergrößter Beliebtheit. Da ein Sieg dem Besitzer der Gespanne und nicht den Wagenlenkern zugeschrieben wurde, war es im antiken Griechenland auch für die von allen athletischen Wettkämpfen ausgeschlossenen Frauen möglich, zu olympischen Ehren zu gelangen, wie der spartanischen Königstochter Kyniska, die sich obendrein preisen durfte, als erste Griechin in die Annalen der Olympischen Wettkämpfe einzugehen.

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Bild: Poniol

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Fahrende Götter

Die ungeheure Bedeutung, die der Wagen für Menschen aus den früheren Kulturen besaß, lässt sich besonders in ihren Vorstellungen darüber ablesen, wie sich ihre Götter fortbewegten - eben vielfach mit dem Wagen.

Der griechische Sonnengott Helios unternahm seine tägliche Fahrt über den Himmel von Ost nach West in einem goldenen Wagen, der von vier Feuer speienden Flügelrössern gezogen wurde. Victoria, die römische Siegesgöttin, eilte manchmal in der Quadriga, manchmal aber auch im Zweigespann übers Firmament. Ebenfalls mit zwei PS zog die römische Mondgöttin Luna ihre Himmelsbahn. Und auch Zeus, der mächtigste aller griechischen Götter, sowie der römische Göttervater Jupiter ließen sich gelegentlich in einem Vierergespann am Himmel blicken. Der von Geburt an lahme Hephaistos, griechischer Gott des Feuers und der Schmiedekunst und gehörnter Ehemann der Aphrodite, Göttin der Liebe und Schönheit, konstruierte dreirädrige Vehikel, die sich aus eigener Kraft fortbewegen konnten und nur dem Willen der Götter ergeben waren. Der Wagen von Sonnengott Helios entstammte auch seiner göttlichen Schmiede. Hephaistos selbst ist auf einem Flügelwagen abgebildet, an den keine Zugtiere gespannt sind.

Helios hatte übrigens einen Sohn, namens Phaethon. Dieser hatte seinen Vater dazu überreden können, ihm seinen prunkvollen Wagen für eine Ausfahrt zu leihen. Die Fahrt des Phaethon endete in eine irdische Katastrophe größten Ausmaßes, als er die Kontrolle über den Vierergespann verlor und von der gewohnten Strecke seines Vaters zwischen Himmel und Erde abkam. Die Folge dieses Ausflugs war eine gewaltige Feuersbrunst, der sogar ganze Städte zum Opfer fielen. Schließlich setzte Zeus der Katastrophe ein Ende und holte den Phaethon mit einem Blitz vom Himmel. Der Wagen war zerstört, und Phaethon lag tot in einem Fluss.

Auf einem Wagen ohne Zugtiere erscheint auch Gott dem Propheten Hesekiel, wie es im alten Testament heißt, geleitet von geflügelten Engeln mit menschlichem Antlitz. »Die Gottheiten aller Religionen erscheinen schon immer automobil«, bekräftigt der Historiker Jörg Jochen Berns, »Sie reiten und fahren nicht wie Menschen, sie treten nicht auf und ab wie Menschen, sondern sie erscheinen. Das Erscheinen der Gottheit ist die höchste Form der Automobilität.«

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Bild: Hardy Holte; Apollo-Brunnen in Versailles


Berns, J.J. (1996). Die Herkunft des Automobils aus Himmelstrionfo und Höllen-maschine. Berlin: Klaus Wagenbach Verlag.